Amt Schlei-Ostsee
-Der Amtsvorsteher -
Bauen und Umwelt

 

Gemeinde Waabs

Beschlussvorlage
9/2016
1. Version
öffentlich


Einreicher Aktenzeichen
  Datum
Jan Andresen   
 
23.02.2016

Beratungsfolge Sitzung
Bau-, Planungs-, Wege- und Umweltausschuss 10.03.2016 
Gemeindevertretung 14.03.2016 

Betreff:
Strandzufahrt L26 - Karlsminde

Sachverhalt:
  1. Anlass dieser Beratung
In der 6.KW teilt Herr Bürgermeister Steinacker der Verwaltung mit, dass die Gemeinde Waabs den Ausbau der 1,75 km langen Straße zwischen der L26 und Karlsminde in Erwägung zieht. Es soll versucht werden, einen EU-Zuschuss einzuwerben. Der Hauptanlieger wurde seitens des Bürgermeisters in diese Überlegungen einbezogen und hat diese begrüßt.

Herr Andresen wurde gebeten, sich der Sache anzunehmen. Er hat folgendes erklärt:
  1. EU- Zuschussprogramm
Die hier anvisierten Zuschüsse werden vergeben auf der Grundlage der ELER-Verordnung (Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums)            vom 17.12.2013 (VO (EU) Nr. 1305/2013). Das Land Schleswig-Holstein hat für die Förderperiode 2014 – 2020 8 MIO € zur Verfügung. Da aber erst am 10.02.2016 die Förderrichtlinie zu diesem Programm verabschiedet wurde, konnten bisher weder Maßnahmen beantragt werden, noch wurden schon Zuschüsse bewilligt. Der erste Antragsstichtag ist der 01.04.2016, wobei die baufachliche Prüfung schon durchlaufen sein soll.
Daher sollen Anträge mindestens 14 Tage vorher eingereicht sein, d.h. in diesem Falle bis zum 18.03.2016. Um dieses Ziel zu erreichen, muss schon vor einer eindeutigen Beschlusslage der Gemeinde gehandelt werden.
Ein Antrag muss enthalten:
  • einen sogenannten qualifizierten Bauentwurf mit Ausbauempfehlung (Bohrkernanalyse vom Bestand)
  • eine Stellungnahme der UNB,
  • eine Kostenberechnung samt eines Kosten- und Finanzierungsplanes,
  • eine Erklärung zur Einhaltung des Landesmindestlohngesetztes,
  • eine Selbsterklärung zur Nicht- Vorsteuerabzugsberechtigung
  • und einen umfangreich auszufüllenden Formvordruck.
Diese Unterlagen können nur teilweise durch die Verwaltung beigebracht werden. Der qualifizierte Bauentwurf muss durch ein Planungsbüro, nicht zuletzt auch zeichnerisch, erarbeitet werden.

Grundsätzlich müssen verschiedene Voraussetzungen erfüllt sein, damit die Gewährung eines Zuschusses überhaupt in Aussicht gestellt werden kann:
  1. Der Weg hat eine multifunktionale Nutzung (Fragenkatalog Formblatt).
  2. Die Gemeinde erhebt Straßenausbaubeiträge.
  3. Der Weg ist dem öffentlichen Verkehr gewidmet.
  1. Bewertung der Chancen einer Berücksichtigung des Vorhabens:
Es wird ab diesem Jahr bis zum Ende der Förderperiode jeweils zwei sogenannte Calls (Abgabestichtage für Anträge) geben. Damit werden pro Call für das ganze Land SH nur weit unter einer MIO € zur Verfügung stehen. Allerdings werden zum ersten Call am 01.04.2016 erstmalig 1,5 MIO € bereit gestellt. Nach Einschätzung von Herrn Andresen ist die Chance einer Berücksichtigung eines Antrags beim ersten Call wesentlich höher, als bei den kommenden Calls. Dieses dürfte der Fall sein, weil viele Kommunen im Land noch keine Straßenausbaubeitragssatzungen besitzen und sich daher eine Antragsstellung quasi erübrigt.

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Lageplan

Am 15.02.2016 konnte Herr Andresen mit einem Mitarbeiter der Landesbehörde, die die EU-Zuschüsse verwaltet (LLUR), eine Ortsbesichtigung durchführen. Diese hat ergeben, dass der Weg nach Karlsminde antragswürdig ist.

Um also in der Kürze der Zeit einen Antrag zu fertigen und möglicherweise einen Beschluss der Gemeinde herbeizuführen, wurde das wirtschaftlichste Planungsbüro nach einer Preisanfrage mit der Ausarbeitung eines qualifizierten Entwurfes beauftragt.
  1. Eigentumsverhältnisse:
Parallel wurden die Eigentumsverhältnisse am und entlang des Weges aufgeklärt. Leider ist die Gemeinde Waabs nicht Eigentümerin des Weges. Dort, wo es ein Wegeflurstück gibt, hat dieses einen nicht ermittelten Eigentümer. Allerdings liegt dieses Wegeflurstück teilweise neben der Straße auf Privatgrund des Anliegers.

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Hier ist zu erkennen, dass der Weg teilweise neben der Wegeparzelle auf Privatgrund liegt.

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Hier gilt das Gleiche.

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Hier ist zu erkennen, dass der ursprüngliche Verlauf des Weges über den Hof Karlsminde führte. Vor Jahrzehnten wurde der Verlauf östlich um den Hof verlegt. Dort führt der Weg heute über Privatgrund.
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Auch hier ist zu erkennen, dass der Weg teilweise neben der Wegeparzelle verläuft.
  1. Konsequenzen dieser Umstände:
    1. Der Zuschussgeber verlangt, dass die Straße dem öffentlichen Verkehr gewidmet ist. Im Regelfall sollte die Gemeinde Straßenbaulastträger und somit Eigentümer der Straße sein. Tatsächlich können nach § 6.3 Straßenwegegesetz SH (StrWG) auch im privaten Eigentum stehende Wege öffentlich gewidmet werden. Dazu bedarf es dann allerdings der Zustimmung des Eigentümers. Da es im vorliegenden Fall über ca. 90 % der Strecke keinen Eigentümer gibt (Stichwort "Nicht ermittelter Eigentümer"), entfällt also diese Möglichkeit. Somit muss die Gemeinde Waabs Eigentümerin der Straße werden.
    2. Da der Zuschussgeber verlangt, dass Straßenausbaubeiträge von den Anliegern erhoben werden, bedarf es schon aus diesem Grunde des Eigentums und der Widmung.
    3. Da ein Großteil des Ziel- und Quellverkehrs von Grundstücken ausgeht, die sich im Eigentum des einen Anliegers befinden, könnte theoretisch auch erörtert werden, ob die Straße überhaupt eine (öffentliche) Verkehrsbedeutung hat. Würde man zu dem Schluss kommen, dass dieses infolge der Eigentumsverhältnisse (teilweise auch Erbbaupacht) der über die Straße erschlossenen Grundstücke nicht der der Fall ist, so käme ggf. auch eine Einziehung nach § 8 StrWG in Frage. Dabei würde man zunächst unterstellen müssen, dass die Straße durch das Verhalten der Gemeinde in der Vergangenheit fiktiv dem öffentlichen Verkehr gewidmet wurde. Mit einer Einziehung würde sich die Gemeinde für die Zukunft vollends der Verkehrssicherungs- und unterhaltungspflicht entledigen. Ob ein solches Verfahren bei den herrschenden Umständen erfolgreich durchgeführt werden könnte, kann Herr Andresen zu diesem Zeitpunkt nicht beurteilen. Dafür müssten sicherlich einige rechtliche Fragen durch Fachleute geklärt werden (Langbett, Strandzufahrt…).
  1. Sich ergebende Möglichkeiten:
    1. Die Gemeinde Waabs möchte die Chance auf Gewährung eines Zuschusses nutzen und stellt einen Zuschussantrag beim LLUR. Sollte das LLUR einen Bewilligungsbescheid ausstellen, so müsste die Gemeinde zunächst Eigentum an der Straße erlangen und dann eine formelle Widmung durchführen. Oder,
    2. die Gemeinde Waabs möchte die Chance auf Gewährung eines Zuschusses nutzen und stellt einen Zuschussantrag beim LLUR. Der Zuschussantrag wird negativ beschieden.
Folge:
  1. Die Eigentumsverhältnisse und die Handhabung der laufenden Straßenunterhaltung bleiben unverändert. Oder,
  2. die Eigentumsverhältnisse werden bereinigt. Eine Widmung wird durchgeführt. Oder,
  3. ein Einziehungsverfahren soll geprüft werden.
  1. Welchen zeitlichen und monetären Aufwand birgt ein Beschluss zur Bereinigung der Eigentumsverhältnisse? Chronologische Abfolge:
    1. Beschluss der Gemeinde über die Einbuchung der Straßenflurstücke und eine komplette Vermessung unter dem Vorbehalt der Gewährung eines Zuschusses und der Verkaufsbereitschaft bzw. Tauschbereitschaft des Anliegers.
    2. Einbuchungsverfahren beim Amtsgericht, Dauer rund ½ bis 1 Jahr.
    1. Antrag der Gemeinde über ein Notariat an das Amtsgericht
    2. Das Amtsgericht hört die Anlieger und das Katasteramt
    3. Amtsgericht veröffentlicht das Begehren der Gemeinde auf Einbuchung
    4. Abwägung der ggf. eintreffenden Einwände
    5. Normalerweise Einbuchung der Flurstücke mit der Folge, dass die Gemeinde Eigentümerin wird.
Ein Einbuchungsverfahren kann durch Belastungen im Grundbuch erschwert werden. Herr Andresen hat über das Amtsgericht recherchiert, dass es für die hier gegenständlichen Flurstücke mit "Nicht ermittelter Eigentümer" kein Grundbuch gibt. Daher können auch keine Belastungen in den Abteilungen II oder III vorhanden sein.
  1. Kauf- bzw. Tauschvertrag mit dem Anlieger. Ziel muss es sein, dass die Straßenflurstücke eine Mindestbreite von Asphaltkronenbreite zzgl. je Seite 1 m Bankette besitzen. Die Straßenflurstücksbreite würde also rund 7 m betragen. Erst die sich ergebende Kauf- und Tauschfläche ergibt über die Gebührentabelle die tatsächlichen Notarkosten. Die Kosten können auf rund 2 Tsd Euro abgeschätzt werden.
    Auch wenn sich die Gemeinde und die Anlieger über einen Kauf- und Tauschvertrag verständigen, so können Belastungen in den Grundbüchern in Form von z.B. Geh-, Fahr- und Leitungsrechten oder auch Rückauflassungsvormerkungen die Abwicklung eines Notarvertrages verzögern.
  2. Durchführung der Vermessung der Straßenflurstücke. Herr Andresen hat eine Gebührenschätzung auf Grundlage der Vermessungsgebührenverordnung eingeholt. Es muss von rund 16- 18 Tsd. Euro ausgegangen werden.
  3. Beschluss über die Widmung und Einstufung der Straße nach StrWG (hat hier nichts mit der Einstufung i.S.d. Straßenausbausatzung der Gemeinde Waabs zu tun, sondern nur mit § 3 des StrWG).
  4. Widmung als Verwaltungsakt in Form einer Allgemeinverfügung, dann ein Monat Widerspruchsfrist nach öffentlicher Bekanntmachung.
  5. Sofern ein Ausbau erfolgen soll, muss die Widmung rechtskräftig sein, bevor die Schlussabnahme der Baumaßnahme erfolgt ist. Nur dann können die Ausbaubeiträge erhoben werden. Sofern ein EU-Zuschuss bewilligt wird, muss innerhalb einer 3-jährigen Frist ab Bewilligungsdatum gebaut, abgenommen und schlussgerechnet sowie auch der Verwendungsnachweis erstellt werden.
Fazit: Es wird deutlich, dass die Gemeinde kurzfristig (vorzugsweise in dieser Sitzungsrunde) entscheiden muss, welchen Weg sie grundsätzlich verfolgen möchte. Sofern die Eigentumsverhältnisse mit oder ohne Zuschussgewährung bereinigt werden sollen, macht die Verfolgung dessen nur Sinn, wenn die Anlieger das Vorhaben unterstützen und konstruktiv mitwirken.
  1. Beispielberechnung mit sehr grob angenommenen Kosten
(lediglich aufgeführt, um die Größenordnungen darzustellen)
1.
Verfahrenskosten der Einbuchung und des Grundstückskaufes und - tausches, Kaufpreise an sich
10.000 €
2.
Vermessungsgebühren
20.000 €
3.
Straßenausbaukosten
240.000 €
4.
Baunebenkosten (Ingenieurgebühren, Baugrunderkundungen…)
40.000 €
 
Angenommene Gesamtkosten über alles
310.000 €
 
 
 
 
Zuschussfähige Kosten (ggf. teilweise 1 + 3 + 4)
285.000 €
 
Abzgl. Zuschuss
  • 150.000 €
 
= Kofinanzierungsanteil der Gemeinde und gleichzeitig beitragsfähiger Aufwand als Grundlage für die Ermittlung von Ausbaubeiträgen
135.000 €


Herr Andresen hat versucht, möglichst viele Gesichtspunkte in der Vorlage zusammenzutragen.

Neue Erkenntnisse zum Zeitpunkt der Bauausschusssitzung:
Am Tag der Bauausschusssitzung (10.03.2016) ist eine Nachricht vom LLUR eingetroffen, in der neue Erkenntnisse bekannt wurden. Demzufolge müssen die Eigentumsverhältnisse und die Widmung zum Zeitpunkt der Antragstellung schon geklärt bzw. auch durchgeführt sein.

Somit ändert sich die Beratungsgrundlage. Sofern die Gemeinde Waabs einen Antrag stellen möchte, müssen vorher geschätzte 30.000 € für die Bereinigung der Verhältnisse investiert werden. Erst dann kann der Versuch unternommen werden, einen EU-Zuschuss zu bekommen. Dieser Versuch kann natürlich auch scheitern. 

Abstimmungstext:
Es wird beschlossen, die Voraussetzungen für eine Antragstellung eines EU-Zuschusses zu schaffen. Dazu werden die im Sachverhalt beschriebenen Schritte durchgeführt.
  • Die Einbuchung der "Nicht ermittelte Eigentümer- Straßenflurstücke" wird beantragt und durchgeführt.
  • Es werden Kauf- und Tauschverträge mit dem Anlieger verhandelt und abgeschlossen.
  • Die Grenzen werden durch Vermessung bereinigt.
  • Eine förmliche Widmung wird durchgeführt.
Diese Prozesse bedürfen weiterer Beratungen und Beschlüsse der Gremien der Gemeinde.
Anschließend wird ein Förderantrag gestellt. 


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Jan Andresen
-Verwaltung-