Amt Schlei-Ostsee
-Der Amtsvorsteher -
Bauen und Umwelt

 

Gemeinde Dörphof

Beschlussvorlage
14/2017
1. Version
öffentlich


Einreicher Aktenzeichen
  Datum
Norbert Jordan   
 
10.04.2017

Beratungsfolge Sitzung
Gemeindevertretung  

Betreff:
Datenblätter zu den Potential- und Vorrangflächen

Sachverhalt:
Siehe Sachverhalt zur Beschlussvorlage "gesamträumliches Planungskonzept". 

Abstimmungstext:
Es wird beschlossen zu den Datenblättern folgende Stellungnahme abzugeben:

Potentialfläche PR2_RDE_001
Der Abwägungsentscheidung wird nicht gefolgt. Die Vorrangfläche ist aus dem Regionalplan herauszunehmen.

1. Zielbereich Siedlungsstruktur u. -entwicklung sowie Daseinsvorsorge / Schutzgutbereich Mensch u. Gesundheit.
In ländlich geprägten Gemeinden, sowie bisher auch in der Gemeinde Dörphof, werden Flächennutzungspläne erst fortgeschrieben, wenn konkrete Planungen vorliegen.
In dem Ort Schuby hat sich die Siedlungsentwicklung entlang der K63 ausgeprägt. Eine Ausdehnung nach Osten ist aufgrund des Landschaftsschutzgebietes nicht geboten. Mögliche Planungen westlich der K63 werden durch die Ausweisung der Konzentrationsfläche PR2_RDE_001 unter Einhaltung der Abstände verhindert.

In Schuby befinden zwei Biogasanlagen, die ca. 1.000% des benötigten Energiebedarfs der Gemeinde Dörphof erzeugen. Viele landwirtschaftliche Flächen werden bereits heute für die Produktion regenerativer Energien benötigt, sodass eine Siedlungsentwicklung zur Wohnbebauung nur punktuell in westlicher Richtung erfolgen kann.

Planungen für gewerbliche Flächenausweisungen an der infrastrukturell günstigen Lage östlich der B203 / Auffahrt Schuby wurden zu Gunsten der Erholungslandschaft und zur Stärkung des "sanften Tourismus" vor Ort verworfen. Diese Entscheidungen liegen im Zusammenhang mit den Zielsetzungen des Naturparks Schlei. Entsprechend schließt sich die Gemeinde Dörphof dem "Interkommunalen Gewerbegebiet Nordschwansen" in Kappeln, Kreis Schleswig – Flensburg an. Hiermit werden gleichzeitig Gewerbeflächen an einer Stelle konzentriert und im Gemeindegebiet Landschaftsbestandteile von Störungen freigehalten. Das Vorhaben nun in den gleichen Bereichen Konzentrationsflächen auszuweisen auf die die Gemeinde aus den o.a. Gründen verzichtet, führt das System ad absurdum und zu keiner Akzeptanz.

Mit Ausweisung des Vorranggebietes wird die Entwicklung zum Stillstand kommen.
Im kommunalen Landschaftsplan vom 16.12.1998 wurden Defizite durch unzureichende Wegeverbindungen zwischen der Gemeinde Dörphof und der Gemeinde Winnemark festgestellt. Durch die Verbindung sollte die Erholungswirksamkeit der Landschaft für die ansässige Wohnbevölkerung und den Fremdenverkehr hergestellt werden. Als Ausgleich diente seinerzeit ein Wanderweg westlich der B203 Höhe Alt Dörphof Richtung Winnemark. Dieser im Privatbesitz befindliche Weg wurde nun durch den Eigentümer eingeebnet und steht nicht mehr zur Verfügung. (s.a. VG Schleswig AZ: 1 A 319/13 vom 10.06.2016)
Seitens der Gemeinde Dörphof werden Anstrengungen unternommen, eine neue Wegeverbindung zur Gemeinde Winnemark einzurichten. Der Verlauf beginnend an der Unterführung der B203 Höhe Alt Dörphof würde sich über den vorhandenen gemeindlichen Weg in südlicher Richtung bewegen und sich anschließend in westlicher Richtung fortsetzen.
Mit Ausweisung der Konzentrationsfläche müssten die Bestrebungen wieder eingestellt werden, da der Abstand des vorhandenen Weges von nur ca. 85m zum Vorranggebiet beträgt. Die Forderung des Landschaftsplanes nach Erholungswirksamkeit bei dieser geringen Nähe zur Fläche wird ausgeschlossen.

2. Zielbereich Wirtschaftliche Entwicklung, Infrastruktur, Tourismus und Erholung
Die Gemeinde Dörphof ist eine ländlich geprägte Gemeinde. Landwirtschaft und Tourismus sind die wichtigsten Wirtschaftsfaktoren. Im Schwerpunktraum Tourismus wird ein Campingplatz mit ca. 1000 Stellplätzen betrieben. Daneben hat sich außerhalb des Schwerpunktraumes ein Erholungstourismus mit Naturerlebnis verfestigt und bietet vielen Bürgern ihr Einkommen. Grundlage für diese Entwicklung ist die gewachsene Naturlandschaft in Verbindung mit den EU – Vogelschutzgebieten "Schwansener See" und "Schlei" sowie auch das FFH – Gebiet "Karlsburger Holz".
Westlich der K63 ist neben "Ferien auf dem Bauernhof" eine Reihe von Ferienquartieren mit den Jahren entstanden. Mit Ausweisung von PR2_RDE_001 wird die Gebietskulisse durch WKA für Touristen unannehmbar. In diesem Zusammenhang wird auch auf die, auf der Halbinsel Schwansen durchgeführte NIT – Studie 2017, verwiesen. Mindestens 7 Prozent der Feriengäste zeigen ein Meideverhalten. Der Prozentsatz bei naturnahen Touristen, die aus ihrem Feriendomizil heraus, wie die der westlich der K63 gelegenen, gleich eine Kulisse von Windkraftanlagen betrachten müssen, wird von gemeindlicher Seite wesentlich höher eingeschätzt. Ein existenzieller Einschnitt der Betreiber wird die Folge sein.
Die erdrückende Wirkung der Windkraftanlagen werden sich auch die Ferienquartiere in Alt Dörphof auswirken.

Das Vorranggebiet PR2_RDE_001 befindet sich vollumfänglich im Naturpark Schlei. Der Abwägungsentscheidung der Landesplanungsbehörde, dass sich die Fläche nicht in einer Kernzone eines Naturparkes befindet, wird nicht gefolgt. Der Plangeber wirft mit dem Begriff "Kernzone" einen undefinierten und nicht abgegrenzten Raum in das Verfahren.
Maßgeblich müssen die anerkannten Gebietsgrenzen sein. Mit Datum 30.10.2008 wurde das Gebiet des Naturparks Schlei durch das Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume in seinen heutigen Grenzen anerkannt.
Nicht nachvollziehbar ist auch die Maßgabe, dass Potenzialflächen innerhalb von Naturparken nur dann ausgeschlossen werden, wenn diese gleichzeitig innerhalb von Kernbereichen "charakteristischer Landschaftsräume" liegen. Die naturräumlichen Gegebenheiten müssen in die Abwägung einfließen.
Mit der Nichtberücksichtigung des Naturparkes Schlei werden jahrelange gemeindliche Entscheidungen zur Gebietsentwicklung hinsichtlich Naturhaushalt, Landschaftsbild etc. übergangen.
Der westliche Teil des Vorranggebietes befindet sich in einem unzerschnittenen Lebensraum von bis 2.270 ha. Südöstlich geht der Raum in einen unzerschnittenen Lebensraum von bis zu 4.930 ha über. Hier sollte auch ein langfristiger Schutz des unbesiedelten Freiraumes und damit eine landschaftsgebundene Erholung zur Geltung kommen.
Nach vorliegenden Kenntnissen kann eine Stromeinspeisung der WKA’s nur im Umspannwerk in Waabs erfolgen. Z.Zt ist die Aufnahmekapazität nicht ausreichend, hierzu muss das Werk ertüchtigt werden.

3. Schutzgebiet Tiere und Pflanzen / Gebiets- und Artenschutz
Als ein besonderes Einzelstellungsmerkmal ist die Lage des Vorranggebietes zu bezeichnen. Es liegt in unmittelbarer Nähe zwischen zwei EU – Vogelschutzgebieten dem "Schwansener See (DE-1326-301) im Osten sowie der "Schlei" (DE-1423-491) im Westen. In beiden Managementplänen werden überwiegend gleiche Vogelarten angeführt. Intensive Austauschbeziehungen zwischen diesen Räumen werden durch die Nahrungsflächen auf und um der Konzentrationsfläche begünstigt. Je nach Fruchtfolge fallen diese entsprechend aus.
Hierbei müssen Großvögel, wie Sing- und Höckerschwan besondere Bedeutung beigemessen werden. Im M–Plan DE-1423-491 wird der Rückgang der Population Höckerschwan von der "Schlei" zum "Schwansener See" vermutet.
Mit Ausweisung der Fläche PR2_RDE_001 wird eine Barrierewirkung für Großvögel wie Schwäne erzielt, eine Einstufung als weiches Tabukriterium muss die Folge sein.
Einer Stellungnahme des örtlichen NABU’s zur Folge leben ca. 3000 Singschwäne in der Schlei Region, davon ca. 2/3 auf der Halbinsel Schwansen. Hierbei ist auch ein hoher Anteil der skandinavisch – russischen Population zu verzeichnen und muss daher als europäisch relevant eingestuft werden. Schwäne bevorzugen Raps- und abgeerntete Maisfelder, wie sie häufig, auch aufgrund vorhandener Biogasanlagen innerhalb und im Umfeld des Vorranggebietes vorzufinden sind. Eine Vergrämung der Tiere aufgrund der Windkraftanlagen wäre die Folge.

In angrenzender Lage zum Vorranggebiet befindet sich das FFH – Gebiet (1425 -301) "Karlsburger Holz". Dieses 186 ha große Waldgebiet bildet hinsichtlich der Naturschutzwürdigkeit ein weiteres besonderes Merkmal zur Konzentrationsfläche dar.
Im Zusammenspiel mit anderen Flächen "Schlei", Schwansener See und auch einem Gebiet in der Potenzialfläche PR2_RDE_002 treten vermehrt Seeadler auf, sodass von einem Dichtezentrum gesprochen werden muss. Durch Errichtung von Windkraftanlagen wird das Tötungsrisiko signifikant erhöht.
Gemäß der Stellungnahme des Seeadlerschutzverein Schlei e.V. wird ein "Verdachtsbrutplatz des Roten Milan" vermutet. Der Aufenthalt dieser besonderen Vogelart wird auch durch einige Bürger berichtet, die den "Roten Milan" bereits seit 2016 auf den Flächen Nähe Alt Dörphof regelmäßig sichten und mit Fotomaterial belegt haben.
Seit Jahren gibt es Brutnachweise von Kranichen in diesem FFH – Gebiet. Es besteht erhöhte Kollisionsgefahr.
Im Jahr 2016 hielten sich aus dem "Danish Golden Eagle Project" zwei Steinadler von Januar bis Mai im FFH – Gebiet auf.
Nachstehende Aufzeichnung der GPS – Daten zur Verdeutlichung:

graphic

Ein weiteres Indiz für das Vorkommen besonders schützenswerter Vogelarten.
Im Gegensatz zum Datenblatt ergibt sich nicht ein "geringes" sondern in allen Teilbereichen ein "hohes" Konfliktrisiko.
Im Datenblatt wird das Gebiet mit "besonderer Bedeutung für den Fledermausschutz" als mittel eingestuft. Die Angabe von 24,7 ha ist bei einem angrenzendem Waldgebiet von 180 ha klärungsbedürftig.

4. Schutzgutbereich Landschaft, Kultur und sonstige Sachgüter
Die Fläche liegt im 5km Radius der Stadtsilhouette der Stadt Arnis. Das Konfliktrisiko wird zwar seitens der Planungsbehörde als "hoch" eingestuft, findet aber in der Einzelabwägung keine Bedeutung. Nach den vorliegenden Planungen eines möglichen Betreibers sollen Anlagen mit einer Höhe von 186 m errichtet werden. Im Gegensatz zur Referenzanlage werden diese Anlagen noch deutlicher die Silhouette beeinträchtigen.
Im kommunalen Landschaftsplan von 1998 werden verschiedene Kulturdenkmäler in Schuby westlich der K63 in Richtung des Vorranggebietes aufgeführt. Zusätzlich wird auch ein Denkmal in der Siedlung Rohrüh und Gut Grüntal genannt. Seitens des Amtes Schlei – Ostsee sowie der Gemeinde Dörphof sind keine anderen Bewertungen bekannt.
Weiterhin ist das Gutshaus Alt – Dörphof aufgeführt. Das Gutshaus befindet sich im Wiederaufbau. Nach Auskunft des Eigentümers wird nach Fertigstellung eine Neubewertung durch das Landesamt für Denkmalpflege erfolgen.
Analog der Entscheidung zur Fläche PR2_RDE_002 sollte aufgrund der Dichtigkeit um die Eignungsfläche eine erneute Prüfung erfolgen.
Für den Kernbereich der charakteristischen Landschafträume siehe Stellungnahme gesamträumliches Plankonzept.

5. Weitere Hinweise
Die Verrohrung der "Schwarzbek" durchzieht einen großen Teilbereich des Vorranggebietes. Jegliche Bebauung von jeweils 5 m beidseitig ist unzulässig. Die WKA‘s übertragen ihre Emissionen u. a. auch auf die Fundamente und werden durch das ca. 1,5 km lange Rohrnetz weitergeleitet. Ein zusätzlicher Vorsorgeabstand von beidseitig 25 m wird gefordert, sodass ein neuer Flächenzuschnitt erforderlich wird.
Bei dem Waldgebiet "Karlsburger Holz" wird aus brandschutztechnischen Gründen ein Mindestabstand von 500m zur Konzentrationsfläche gefordert.
Die Gemeinde Dörphof schließt sich der Einschätzung der UNB an. Das FFH – Gebiet "Karlsburger Holz" wurde nicht berücksichtigt. Ein Abstandspuffer von ca. 300 m ist zu gering. Gleichzeitig muss der Vogelzug aufgrund der Verbundfunktion zwischen Schlei und Ostseeküste, insbesondere mit dem NSG "Schwansener See" Vorrang gewährt werden.
Gem. Umweltbericht zu dem Entwurf der Teilaufstellung des Regionalplans zum Planungsraum II, Anlage 1, FFH – Vorprüfungen fehlen entsprechende Prüfungen für das FFH–Gebiet (1425 -301) "Karlsburger Holz" sowie für das FFH–Gebiet (1326-301) "Schwansener See" (EU-Vogelschutzgebiet).
Aufgrund der vorhandenen Verbundfunktion sind diese Vorprüfungen zur Beurteilung zwingend im Planverfahren erforderlich.

Potentialfläche PR2_RDE_002
Die Abwägungsentscheidung das Gebiet zur Potenzialfläche herabzustufen wird begrüßt.
Weitere Kriterien sind von Bedeutung und müssen aufgenommen werden.
Der überwiegende Teil der Fläche gehört zum Gemeindegebiet Dörphof und liegt im Naturpark. Östlich der Fläche haben sich Ferienquartiere für einen naturnahen Tourismus entwickelt. Es gelten diesbezüglich die Aussagen wie zur Fläche PR_RDE_001
Entsprechend der Fruchtfolge wird auch dieses Gebiet als Nahrungsquelle für Schwäne und Gänse aufgesucht.
Der angrenzende Wald "Jägersmaß" wird regelmäßig von Seeadlern aufgesucht. Würde die Fläche ausgewiesen, entstände ein erhöhtes Tötungsrisiko. Die zur Fläche PR_RDE_001 angeführte Verbundfunktion gilt auch hier.
Der Abstand zur Waldfläche mit nur 100 m wird als zu niedrig eingestuft. Aus brandschutztechnischen Gründen wird auch hier ein Mindestabstand von 500 m gefordert.
Die Fläche liegt in einem von bis zu 4.930 ha großem unzerschnittenem Lebensraum. Der Eingriff durch solch raumbedeutsame Maßnahmen muss vermieden werden.

Weitere Vorranggebiete und Potenzialflächen
Mit Ausnahme der Bestandsanlagen werden weitere Vorranggebiete und Potenzialflächen auf der Halbinsel Schwansen abgelehnt.
Die Eingriffe in den Naturhaushalt werden in erheblichem Maße als schädigend eingestuft. Die Halbinsel Schwansen eignet sich nicht für Vorrangflächen für die Windenergie. Denkmalgeschützte Gutslandschaften, die Verbundfunktionen zwischen Schlei und Ostsee für eine Vielzahl von Großvögeln stellen ein unannehmbares Konfliktrisiko dar. Die prognostizierten Einbußen im Bereich des Tourismus und den damit verbundenen Wegfall von Arbeitsplätzen werden in dieser strukturschwachen Region nicht mit Windkraftanlagen auszugleichen sein.


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Norbert Jordan
-Verwaltung-