Amt Schlei-Ostsee
-Der Amtsvorsteher -
Ordnung- und Soziales

 

Gemeinde Kosel

Beschlussvorlage
32/2018
1. Version
öffentlich


Einreicher Aktenzeichen
  Datum
Tore Weseler  650.34 
 
06.08.2018

Beratungsfolge Sitzung
Bau-, Wege- und Umweltausschuss 27.08.2018 
Gemeindevertretung 05.09.2018 

Betreff:
Quartierskonzept für den Ortsteil Kosel - Sachstandsbericht

Sachverhalt:
Mit Beschluss vom 24.02.2016 hat die Gemeindevertretung der Gemeinde Kosel beschlossen, die Erstellung eines integrierten Quartierskonzeptes für den Siedlungsbereich Kosel in Auftrag zu geben.

Nach erfolgter Ausschreibung wurde das Quartierskonzept für den Ortsteil Kosel im Zeitraum von September 2016 bis Mai 2018 durch die Ingenieurkooperation IPP ESN & E|M|N & wortmann-energie erstellt. Nunmehr liegt der Abschlussbericht mit konkreten Vorschlägen zur Umsetzung der im Rahmen des Quartierskonzeptes erarbeiteten Vorschläge vor.

In dem vorliegenden Abschlussbericht für das integrierte Quartierskonzept werden u.a. folgende Punkte näher betrachtet:
  • Ausgangslage (siehe Punkt 1 im Bericht)
  • Datenerfassung, Ausgangs- und Potenzialanalyse inkl. Energie- und CO2-Bilanz (siehe Punkt 2 im Bericht)
  • Energetische Sanierungs- und Infrastrukturmaßnahmen (siehe Punkt 3 im Bericht)
  • Umsetzungshemmnisse und Handlungsoptionen (siehe Punkt 4 im Bericht)
  • Ergebnisbewertung und Empfehlungen (siehe Punkt 7 im Bericht)

Der Abschlussbericht (ohne die Anlagen) ist dieser Vorlage beigefügt. Der vollständige Projektbericht mit allen Anlagen kann in der Amtsverwaltung (Abteilung Ordnung und Soziales, Zimmer 13/EG, Holm 13, 24340 Eckernförde) zu den allgemeinen Öffnungszeiten eingesehen werden. Eine vorherige Terminabsprache ist gewünscht.

Ziel der Konzeptionierung:
  • Das Konzept soll aufzeigen, welche technischen und wirtschaftlichen Energieeinsparpotenziale im Quartier bestehen und welche konkreten Maßnahmen ergriffen werden können, um kurz-, mittel- und langfristig CO2-Emissionen zu reduzieren.
  • Gesamtenergiebilanz des Quartiers als Ausgangspunkt und Zielaussage für eine anzustrebende Quartierssanierung
  • Benennung konkreter Sanierungsmaßnahmen inkl. der Ausgestaltung und Angaben zu Kosten, Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit der Sanierungsmaßnahmen
  • Berücksichtigung der Überlegungspunkte:
    • Energetische Faulschlammverwertung
    • Biomasse to Energy-Verfahren zur Verwertung von Grünschnitten
    • Solarthermie
    • Kaltes Netz mit Energiespeicher
    • Prüfung der zeitlichen Verzahnung einer potentielle Nahwärme-Lösung mit den Plänen des Breitbandausbaus

Ergebnisse:
  1. Hochrechnend von den energetisch ausführlich betrachteten Wohngebäuden kann ein mittleres technisches Sanierungs- und Optimierungspotenzial im Quartier festgestellt werden, die identifizierten und empfohlenen Sanierungsmaßnahmen würden auf eine Einsparung an Energie von ca. 30% kommen.
  2. Selbst bei Umsetzung der für sinnvoll erachteten Sanierungsmaßnahmen an allen Gebäuden (Sanierungsquote 100%!) würde die daraus resultierende CO2-Einsparung ohne eine Umstellung auf erneuerbare Energien bei "nur" etwa 30% liegen.
  3. Bei Errichtung eines Wärmenetzes ohne Sanierungsmaßnahmen, aber Nutzung von 60% CO2-neutraler erneuerbarer Energien würde die CO2-Einsparung bereits ca. 45% betragen.
  4. Das bedeutet für energetische Sanierungsmaßnahmen, dass für die mittel- bis langfristige Erreichung der Klimaschutzziele Sanierungsmaßnahmen an der Gebäudehülle alleine nicht ausreichen werden. Der Einsatz erneuerbarer Energien ist unbedingt geboten, insbesondere unter Aufbau und Errichtung von Wärmenetzen. Alternativ wäre es auch möglich, jedes Gebäude einzeln auf die Nutzung erneuerbare Energien umzustellen.
  5. Sanierungsmaßnahmen sollten nicht nur unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten bezogen auf Energieeinsparung bewertet werden. Folgende weitere Faktoren sind zu beachten: Komfortgewinn, notwendige Gebäudeinstandhaltung zur Substanzerhaltung bzw. Wertsteigerung sowie Generierung planbarer Betriebskosten mit der Folge größerer Energieunabhängigkeit (durch geringeren Verbrauch) und höherer Planungssicherheit in Bezug auf zukünftige Entwicklungen.
  6. Am Beispiel der Projektentwicklung zur Wärmeversorgung der Alten Schule nebst Nachbargebäude (alle im Eigentum der Gemeinde) konnte ein realisierbares Projekt konzipiert werden, das durch den Einsatz von Holz- bzw. Biomassepellets die CO2-Emissionen um ca. 80% reduzieren würde. Aufgrund der zu erwartenden Förderung über die AktivRegion Schlei-Ostsee würde das Vorhaben auch zu Wärmekosten in einem für die Gemeinde akzeptablen Bereich kommen. Die Gesamtinvestitionen würden sich nach derzeitiger Konzeption auf rund 200 Tsd. € belaufen.
  7. Die Betrachtungen zu den Wärmenetzen ergab unter alleiniger Berücksichtigung der hohen notwendigen Infrastrukturinvestitionskosten verschiedene (Mindest-)Anforderungen an geplante Wärmenetze:
    • Neben einer Gesamtquartiers-Netzbetrachtung sollten zunächst "sinnvolle" Teilquartiere identifiziert und konzipiert werden.
    • Es ist von vornherein eine möglichst hohe Anschlussdichte zu realisieren.
    • Die Finanzierungszeiträume der Netzinfrastruktur sollten über 20 Jahre liegen. Ohne lange Finanzierungszeiträume sind die Projekte bei derzeitigen Erdgas- und Heizölkosten auf erhebliche Fördermittel angewiesen.
    • Eine Verteuerung der fossilen Energien ist für einen notwendigen zügigen Nah- und Fernwärmeausbau unabdingbar (CO2-Steuer).
    • Von technischer Bedeutung für den Auf- und Ausbau von Fernwärmesystemen sind möglichst niedrige Temperaturen und die Möglichkeit, an unterschiedlichen Stellen im Netz
    • Wärmeeinspeiser zuzulassen ("Prosumer"-Konzept). Dazu ist es erforderlich, anzuschließende Gebäude unbedingt hydraulisch zu optimieren. Energetische Sanierungsmaßnahmen können nicht nur den Wärmemengenbedarf reduzieren, sie helfen auch, die Netztemperaturen und damit die Netzverluste zu verringern.
    • ·Nur mit (kostengünstigen) erneuerbaren Energien (oder Abwärme) sind Wärmenetze mittelfristig wirtschaftlich und klimafreundlich zu betreiben. Neben Solarthermie und Biomasse, ggf. "Power-to-X" oder Wärmepumpen auf Basis selbst erzeugten Stroms bzw. Mischungen der genannten Energieträger wird eine sukzessive Reduktion der Treibhausgase nicht erreicht werden können ("multivalente" Wärmenetze).
  8. Zu beachten ist bei den genannten Anforderungen, dass im Rahmen der hier durchgeführten "konzeptionellen" Untersuchung nur die Parameter Anschlussquote, Energievergleichspreis und Finanzierungszeit des Wärmenetzes variiert wurden. Weitere Einflussgrößen sind spezifische Netzinvestitionen und natürlich die Kosten für die Wärmeerzeugung und den Betrieb.

Empfehlungen und Maßnahmen:
Vergleiche Kapitel 4 Umsetzungshemmnisse und Handlungsoptionen ab Seite 52 und die darin bereits vorgeschlagenen Handlungsempfehlungen:
  1. Gemeinde, öffentliche Hand und ggf. regionale Stadt- und Gemeindewerke sind Vorbild bei der voranbringenden Umsetzung von klimarelevanten Projekten und sollten sich eindeutig und zweifelsfrei dazu bekennen.
  2. Abstimmungsprozess zur Formulierung politischer und gesellschaftlicher Priorität der Klimaschutzziele – und Herunterbrechen dieses Bekenntnisses auf die "Koseler Verhältnisse".
  3. Kopplung der Klimaschutzziele mit "anderen" städtebaulichen und Ortsentwicklungszielen und Handlungsoptionen. Als Beispiel sei die im Rahmen des Konzeptes durchgeführte "Motto-Entwicklung" "Kosel – für uns und unsere Zukunft" verwiesen.
  4. Zudem wurde auf die Initiative "cittaslow" (www.citta-slow.de) verwiesen, die für Kosel eine Möglichkeit sein könnte, die vorhandenen Aktivitäten im Bereich regionale Wertschöpfung und Tourismus auch mit Klimaschutzfragen zu verknüpfen und somit für eine Stärkung des vorhandenen bürgerlichen Engagements hilfreich sein könnte.
  5. Vermarktung und Hervorhebung von erfolgreichen Teilprojekten zur Flankierung und Unterstützung der Gesamtstrategie, wie die Projektidee Wärmeverbund Alte Schule.
  6. "Zügiges" Identifizieren und Umsetzen weiterer Teilprojekte bzw. zügige Umsetzung des beschriebenen Teilprojekts "Wärmeverbund Alte Schule".
  7. Zusammenfassend lautet die empfohlene Vorgehensweise zur Identifikation und fernwärme-technischen Entwicklung von Teilquartieren:
    • Über energietechnische Kennzahlen Teilquartiere, Liegenschaftsensemble identifizieren (Wärmeatlas / Wärmekataster)
    • Netzinfrastruktur grob mit Hilfe des Wärmekatasters auslegen und abschätzen
    • Das Alter der Kesselanlagen ermitteln
    • Danach verschiedene Szenarien mit unterschiedlichen Anschlussquoten berechnen
    • Einen Standort für die zentrale Erzeugungsanlage identifizieren bzw. sichern
    • Eine entsprechende Erzeugungsanlagentechnik sollte wirtschaftlich, technisch und logistisch realisierbar erscheinen
    • Sofern diese Vorbetrachtungen eine Wirtschaftlichkeit als erreichbar erscheinen lassen, sollte eine dem Teilquartier "angemessene" Ansprache der möglichen Wärmekunden erfolgen. Die Methoden dabei können vielfältig sein: Von Hausbesuchen bis hin zu einer Informationsveranstaltung möglichst in Teilquartiersnähe ist dabei zu empfehlen.
  8. Aus den durchgeführten Veranstaltungen und Workshops im Quartier ist Transparenz und Klarheit in der Ansprache wie auch in der Vorstellung und dem möglichen Projektentwicklungsverlauf unabdingbar. Es empfiehlt sich dabei, den Ängsten und Befürchtungen der zu beteiligenden Anwohner ausreichend Zeit und Raum zu geben. Benannte Missstände sollten voranbringend bearbeitet und "unbürokratisch" und kurzfristig behoben werden.
  9. Grundsätzlich sollte die Errichtung und der Betrieb von Wärmenetzen in der Verantwortung regionaler Stadtwerke bzw. mit Beteiligung der Gemeinde und ggf. auch der Bürger – bspw. im Rahmen einer Energiegenossenschaft – liegen.
  10. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung wurde bereits durch die Projektidee Wärmeverbund Alte Schule getan.
  11. Im Rahmen der daraus folgenden Projektentwicklung wurden für ein anzuschließendes Sanierungsmanagement die Aufgaben definiert:
    • Projektidee Wärmeverbund Alte Schule voranbringen und Umsetzung koordinieren
    • Förderbeantragung und Umsetzungsbegleitung des Wärmeverbundes Alte Schule: Finanzierung + Förderung konzipieren + beantragen inkl. fachlicher Zuarbeit zu Förderanträgen
    • Planung, Ausschreibung, und Umsetzung koordinieren und begleiten
    • Einsatzmöglichkeiten von Solarthermie entwickeln und prüfen, Projekte entwickeln und Realisierung vorbereiten und begleiten
    • Entwicklung des "restlichen" Quartiers und Quartiersumfeld (u.a. Einbindung + Information der Anlieger und weiterer Akteure)
    • Ggf. Sanierungsinitiative für Wohngebäude initiieren und durchführen
    • Öffentlichkeitsarbeit
    • Monitoring / Erfolgskontrolle und Fortführung der Lenkungsgruppe
  12. Ferner sollten auch Quartierskonzepte für die Ortsteile Bohnert, Missunde und Weseby konzipiert, beantragt und erarbeitet werden.
   

Abstimmungstext:
Es wird beschlossen, den Sachstandsbericht zum Quartierskonzept für den Ortsteil Kosel zur Kenntnis zu nehmen. 


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Tore Weseler
-Verwaltung-

Anlagen:
Projektbericht ohne Anlagen