Amt Schlei-Ostsee
-Der Amtsvorsteher -
Bauen und Umwelt

 

Gemeinde Rieseby

Beschlussvorlage
19/2013
2. Version
öffentlich


Einreicher Aktenzeichen
  Datum
Jan Andresen   
 
25.04.2013

Beratungsfolge Sitzung
Gemeindevertretung 14.05.2013 

Betreff:
Duschen und Waschräume der Sporthalle Rieseby

Sachverhalt:

Die folgende, relativ lange Vorlage soll verdeutlichen, dass es sich um ein vergleichsweise komplexes Thema handelt, dass von verschiedenen Seiten beleuchtet werden muss.

Was sind Legionellen?
Bei Legionellen handelt es sich um Bakterien, die in geringen Konzentrationen im Grundwasser vorhanden sind. Von dort aus gelangen sie auch in die Trinkwasserinstallation. Ideale Lebensbedingungen finden sie in Temperaturbereichen zwischen 25 bis 45 °C. Auch stagnierendes Wasser, z.T aufgrund selten genutzter Trinkwasserleitungen, begünstigt die Vermehrung von Legionellen. Legionellen sind Schmarotzer, die für ihre Replikation einen Wirt brauchen. Die Vermehrung findet daher nur unter bestimmten Voraussetzungen (z.B. Temepratur und Vorhandensein von Amöben als Wirt) auf einem Biofilm an den Rohrwandungen der Trinkwasserleitungen statt.
Als Aerosol eingeatmet, z.B. beim Duschen, können die Legionellen zu einer schweren Lungenentzündung, der sogenannten Legionellose führen. Die leichte Form einer Infektion wird als Pontiac-Fieber bezeichnet. Die Zahl der Erkrankungen dürfte durch eine sehr große Dunkelziffer geprägt sein.
Um Leib und Leben Dritter nicht zu gefährden, hat der Gesetzgeber unlängst Betreiberpflichten erlassen, die sich jüngst in ergänzenden Regelwerken verschärfend niedergeschlagen haben. Da die o.g. Biofilme nicht vermeidbar und für das Leben auf unserem Planeten insgesamt auch unverzichtbar sind, kann es nicht Ziel der Betreiberplicht sein, absolut sterile Bedingungen in den Trinkwasserinstallationen zu schaffen. Vielmehr sollen die idealen Replikationsbedingungen der Bakterien vermieden werden.
Dabei ist der Einfluss von mangelnden Wasseraustauschraten (Thema Stagnationswasser) und kritischen Temperaturen maßgeblich durch den Betreiber einer Anlage beeinflussbar.

Betreiberpflichen und daraus resultierende Pflichen:
Herr Andresen kann mit dieser Vorlage nur einen Überblick der verschiedenen Sichtweisen und der Rechtslage geben. Sollten die Gemeindevertreter Interesse an Aufsätzen zum Thema „Legionellengefahren“ haben, so möge man sich bitte an Herrn Andresen wenden. Er kann per e-mail mehrseitige Abhandlungen zur Verfügung stellen, die teilweise auch sehr kritisch auf die gesetzlichen Regelungen eingehen.

Die gesetzliche Untersuchungspflicht nach § 14 Absatz 3 der Trinkwasserverordnung bezieht sich auf Großanlagen zur Trinkwassererwärmung, die Duschen oder sonstige Einrichtungen zur Vernebelung von Trinkwasser enthalten, sofern aus diesen Trinkwasser im Rahmen einer gewerblichen oder öffentlichen Tätigkeit abgegeben wird. Für Betreiber kann sich eine Untersuchungspflicht auch aus anderen Rechtsbereichen, wie z.B. Verkehrssicherungspflicht, Arbeitsschutz, Arbeitsstättenverordnung oder Krankenhaushygiene ergeben.
Durch Untersuchungen des Trinkwassers muss eine Legionellenkonzentration <100 KBE/100 ml (KbE = kollonienbildende Einheiten) nachgewiesen werden. Dazu müssen in der Trinkwasserinstallation geeignete Probeentnahmestellen eingebaut werden. Die Nachweispflicht besteht gegenüber der Gesundheitsbehörde (Kreis).
Der genannte Grenzwert lässt wohl definitiv noch keine Rückschlüsse auf ein Infektionsrisiko aus medizinisch-klinischer Sicht zu. Jedoch gibt es erwiesenermaßen eine Kausalität zwischen hohen KbE-Zahlen und erheblichen technischen Mängeln an einer Trinkwasserinstallation einschließlich ihrer Betriebsweise.

Einflussmöglichkeit „Verhinderung von Stagnationswasser“
Stagnationswasser in sogenannten Totsträngen lässt sich verhindern, indem die Totstränge schlichtweg baulich beseitigt werden.
Stagnationswasser in Installationen, die betrieben werden müssen, kann nur durch zyklisches Spülen verhindert werden. Dabei sind kritische Stagnationszeiten einschlägig. Bei diesem Thema ergibt sich der Zielkonflikt zwischen Wassersparen und Trinkwasserhygiene. Dieser Zielkonflikt wird sich nicht lösen lassen, da die Hygiene über dem Sparziel steht. Ein Wasseraustausch alle drei Tage soll und muss gewährleistet sein. Dieses erfolgt entweder automatisch durch zweckentsprechende Nutzung oder muss durch Spülung der Leitungen, sprich durch Laufenlassen von Wasser, erfolgen.

Einflussmöglichkeit auf „kritische Temperaturen“
In einem Temperaturbereich von > 60°C ist die Replikation der Legionellen minimiert. Es gibt dann allerdings den Zielkonflikt hoher Temperaturen zur „thermischen Desinfektion“ contra Verkalkung durch gegebene Wasserhärte sowie Verbrühgefahren.
Als privater Betreiber einer Brauchwassererwärmung (sei es per Kessel oder elektrischem Boiler) kennt man vielleicht die sogenannte Legionellenschaltung, die die modernen Steuerungen der Heizgeräte bieten. Diese Schaltungen sorgen dafür, dass das Brauchwasser im Speicher in zyklische Abständen auf > 60 °C aufgeheizt wird. Es gibt Untersuchungen, die aufzeigen, dass Legionellen konditionierfähig sind. Dass heißt, dass sie sich den geänderten Rahmenbedingungen anpassen und u.U. sogar höhere thermische Resistenzen herausbilden. Daher sollte dieser Schaltung keine uneingeschränkt heilende Bedeutung beigemessen werden.

Wer ist Betreiber und wer haftet?
Betreiber sind die Träger der Einrichtungen, sprich die Gemeinden, Verbände oder gar das Amt. Damit haftet zunächst der gewählte Vertreter, sprich der Bürgermeister, Verbandsvorsteher oder Amtsvorsteher bzw. –direktor.
Tätig werdende Fachbetriebe (Installateure) weisen natürlich im Rahmen des Eigenschutzes auf die Betreiberpflichten hin.


Vor diesem Hintergrund muss Herr Andresen auf die Thematik eingehen und möchte in Bezug auf die Sporthalle Rieseby Anregungen zur Abhilfe geben.

Thema Stagnationswasser in Totsträngen:
Dem aufmerksamen Nutzer der sanitären Anlagen der Sporthalle wird auffallen, dass in den Duschräumen eine Vielzahl von Waschbecken hängen. Tatsächlich genutzt werden aller Wahrscheinlichkeit nach kaum welche davon. Die Warmwasserzirkulation führt stetig angenommenes 40°C warmes Wasser durch die Leitungen. Damit herrschen in diesen Warmwasserleitungen idealste Bedingungen für die Replikation von Legionellen. Im Sinne der Hygiene, aber auch im Sinne eines möglichst wirtschaftlichen Betriebsder Sporthalle, könnten die Waschbecken bis auf z.B. 2 Stück demontiert und die dann überflüssigen Wasserleitungen abgeklemmt werden. Der hierfür entstehende Aufwand wird auf 1.500 – 2.500 € geschätzt.

Thema Duschen:
Auch an den Duschen wird derzeit über die Zirkulation stetig ca. 40°C warmes Wasser vorbeigeführt. Werden diese länger nicht genutzt, so ist die Wasseraustauschrate zu gering und es herrschen ideale Bedingungen für die Replikation der Legionellen. Daher müsste die Temperatur in der Zirkulation wesentlich erhöht werden. Das bedingt allerdings, dass Duscharmaturen eingebaut werden, welche einen Verbrühschutz garantieren. Die vorhandenen, manuell einstellbaren Mischbatterien wären nicht nur unzulässig, sondern auch unzumutbar. Eine Umrüstung der Armaturen würde je nach Standard zwischen 10.000 und 15.000 € kosten.

Im Volksmund wird gern die Lobby der Armaturenhersteller etc. angeführt, welche stets über die Verbände indirekt an Gesetzesentwürfen beteiligt ist. Natürlich wird die Einflussnahme nicht gänzlich zu bestreiten sein, jedoch erübrigt sich diese Spekulation, sobald eine sachliche Auseinandersetzung in Bezug auf Gesundheitsschutz geführt werden muss.


Abstimmungstext:

Es wird beschlossen, die Angelegenheit an den Bauausschuss zu verweisen.



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Jan Andresen
-Verwaltung-