Amt Schlei-Ostsee
-Der Amtsvorsteher -
Bauen und Umwelt

 

Gemeinde Windeby

Beschlussvorlage
18/2011
1. Version
öffentlich


Einreicher Aktenzeichen
  Datum
Jan Andresen   
 
26.08.2011

Beratungsfolge Sitzung
Umweltausschuss 14.09.2011 
Gemeindevertretung  

Betreff:
Stichpunktartige Kupferanalysen im Frischwasser

Sachverhalt:

Die Gemeinde hatte in Hinblick auf die Recherche der Quelle des Kupferanteils im Klärschlamm eine stichpunktartige Analyse des Trinkwassers in Windeby beschlossen. Es sollte gezapftes Trinkwasser von 4 Haushalten analysiert werden.
Diesem Beschluss entsprechend wurde Mitte Juli 2011 eine Probennahme und anschließende Analyse durch das Labor UCL in Westerrönfeld vorgenommen. Zum Verständnis muss das Normvorgehen beschrieben werden. Da Herr Andresen kein Umwelttechniker oder Laborant ist, kann diese Beschreibung sicherlich nur oberflächlich sein.

Es werden drei Proben pro Probenentnahmestelle entnommen. Jede Probe beinhaltet eine Menge von einem Liter.
  • Probe S0: Probe im laufenden Betrieb, d.h. das in den Leitungen der Hausinstallation lange stehende Wasser ist bereits abgeflossen. Im Grunde handelt es sich tatsächlich um die Wasserzusammensetzung, die aus dem öffentlichen Versorgungsnetz stammt.
  • Probe S1: Erste Probe, d.h. erster Liter nach 4 Stunden Stillstand. D.h. 4 Stunden lang wurde im Haus kein Wasser gezapft.
  • Probe S2: Zweite Probe, d.h. zweiter Liter nach 4 Stunden Stillsand.

Die Ergebnisse der Analysen seien hiermit anonymisiert zitiert:
Probenentnahmestelle
Probe S0 [mg/l Kupfer]
Probe S1 [mg/l Kupfer]
Probe S2 [mg/l Kupfer]
Grenzwert [mg/l Kupfer]
1
0,13
0,21
0,43
2
2
0,088
0,11
0,13
2
3
0,16
1,5
2,3
2
4
1,0
2,2
1,9
2

Folgendes ist auf den ersten Blick erkennbar:
  1. Sämtliche Ergebnisse variieren stark.
  2. Die Ergebnisse der S0-Probe sind allesamt weit unter dem Grenzwert von 2 mg/l.
  3. Das Ergebnis der S1-Probe zeigt bei der Probenentnahmestelle 4 eine leichte Überschreitung des Grenzwertes.
  4. Das Ergebnis der S2-Probe zeigt bei der Probenentnahmestelle 3 eine leichte Überschreitung des Grenzwertes.

Auf Rückfrage beim Labor wurde mitgeteilt, dass die gemessenen Überschreitungen keine wesentlichen Überschreitungen darstellen und damit auch keinen Anlass zur Sorge bieten. Dennoch sollte nach Auffassung von Herrn Andresen den Eigentümern der Probenentnahmestellen das Ergebnis mitgeteilt werden.

Tatsächlich erhellt das Ergebnis die Erkenntnisse zur genauen Herkunft der Kupferbestandteile im Klärschlamm aber kaum, denn natürlich war es bekannt, dass das Trinkwasser aus dem öffentlichen Versorgungsnetz durch chemische Reaktionen Bestandteile aus dem Material der Hausinstalltionen herauslöst. Das Wasser verlässt das Wasserwerk des Wasserbeschaffungsverbandes Mittelschwansen mit 0,02 mg/l Kupfer (vergleiche folgenden Link http://wbv-mittelschwansen.de/pdf/BEFUND30_18.04.2011.pdf ) . Dieser Wert ist seit 40 Jahren stabil und begründet sich aus dem natürlichen Gehalt im geförderten Wasser. Der in Waabs erbohrte, 160 bis 200 m tiefe Grundwasserleiter spendet Wasser, welches 3- 4Tsd Jahre alt ist.


Tatsächlich stammen die Kupferbestandteile im Klärschlamm aber auch aus:
  • Kupferbaustoffen der Fassaden und Dächer der Bebauung. Der „saure“ Regen löst Bestandteile von Kupferdachrinnen und -blechen und spült diese über das Mischsystem in die Teichkläranlage.
  • Schornsteinabdeckungen aus Kupferblech. Die Abgase aus Festbrennstoff- oder Ölöfen liefern ebenfalls ein Milieu, welches das Auswaschen von Kupferbestandteilen begünstigt. Auch diese gelangen über das Mischsystem zur Teichkläranlage.
  • der Straßenentwässerung. Der Bremsenabrieb u.ä. wird über das Niederschlagswasser dem Mischkanal und damit der Teichkläranlage zugeführt.
Es gibt wahrscheinlich noch weitere Quellen, so dass diese Aufzählung nicht abschließend sein kann...

Der Grund, warum aus der Mischkanalisation in Kochendorf offensichtlich mehr Kupferbestandteile in die Teichkläranlage gespendet werden als aus der Mischkanalisation in Friedland, liegt wahrscheinlich in der anderen Zusammensetzung des dort eigens geförderten Wassers. Allerdings spielt das aus Umweltschutzgesichtspunkten auch kaum eine Rolle, da Kupfer im Klärschlamm eigentlich auch nicht unbedingt das maßgebliche, gefährliche Schwermetall ist. Vielmehr sind es auch die anderen Schwermetalle, organischen Schadstoffe (AOX = adsorbierbare organische Halogenverbindungen) und im Abwasser gelöste und enthaltene Medikamentenrückstände. Diese lassen sich allerdings nur mit erheblichem Aufwand analysieren, so dass die Heranziehung des Kupferparameters pragmatisch einfach ist. Daher hat dieser Parameter nach Einschätzung von Herrn Andresen bis heute die besondere Bedeutung in der Klärschlammverordnung mit der für viele Gemeinden eindeutigen Folge, dass der Schlamm nur thermisch verwertet werden darf.

Herr Andresen ist ausgebildeter Zimmermann und studierter Dipl.-Ing. Bau und kann daher nur, die über die vergangenen 10 Jahre gewonnenen Erfahrungen auf dem Feld der Klärschlammverwertung wiedergeben. Wissenschaftliche und chemisch- physikalische Zusammenhänge können nicht fundiert erklärt werden. Dennoch kann in der Sitzung vertiefend in das Thema eingestiegen, aber sicherlich nicht mit abschließender Weisheit geschlossen werden.

Ergänzend wird von Herrn Andresen in der Sitzung erläutert (hier stichpunktartig notiert):
  • KlärschlammVO seit 1982 als BundesVO mit hohen Grenzwerten
    • 1992 novelliert mit Herabsetzung der Grenzwerte, BundesVO
    • zwischenzeitlich zig Veränderungen diskutiert, aber tatsächlich keine Novelle
  • Grenzwert Kupfer
    • Im Klärschlamm ist Kupfer ein Schwermetall, in der Landwirtschaft ein Spurenelement à im Biolandbau als Pflanzenschutzmittel eingesetzt
    • Ökologen und die Landwirtschaft sieht Kupfer als nicht problematisch, wenn ein Mangel im vorgesehenen Boden nachgewiesen werden kann.
    • Ökotoxologisch relevant sind vielmehr Blei, Cadmium und Quecksilber. Grenzwert z.B. bei Blei liegt bei 900 mg/kgTS, Fachleute halten einen Grenzwert von 100 mg/kgTS für sinnvoll, tatsächlich liegt der Wert im Schlamm bei rund 30 mg/kgTS
  • Nach allen anderen Bestimmungen (Bodenschutz etc…) wäre Klärschlamm als Dünger legitim, nur die KlärschlammVO und die DüngemittelVO als Spezialvorschriften schränken die landwirtschaftliche Verwertung ein.
  • Die KlärschlammVO lässt keine Ausnahmegenehmigung zu. Beispiel: Fehmarneraner Schlamm muss verbrannt werden, obwohl die Fehmarneraner Böden wohl klassischen Kupfermangel aufweisen. Daher wurde mit Juristen und dem Ministerium versucht, eine Ausnahmegenehmigung zu erwirken. Gescheitert. Eine Öffnungsklausel gibt es nicht.
  • Kommt das von der EU ?
Ausnahmsweise nicht, denn die EU fordert eindeutig den Vorzug der stofflichen Verwertung vor der thermischen Verwertung
  • Die These, dass Medikamentenrückstände, die infolge der überdosierten Einnahme ausgeschieden werden, Auswirkungen auf das Bodenleben haben, konnten durch eine 200.000 € teure Studie vor 2-3 Jahren nicht bestätigt werden.

Wo kommt das Kupfer her ?
  • Kupferaggressives Trinkwasser ? Das Waabser Wasser ist hervorragend, viele Regionen würden sich über dieses Wasser freuen. Daher kein Anlass zur Diskussion…
  • Es gibt deutliche Qualitätsunterschiede bei den Kupferleitungen. Beispiel: In einem Ort gibt es einen Installateur, der minderwertige Qualitäten verbaut und tatsächlich viele Häuser ausstattet, dann kann das der Grund sein, für hohe Kupferwerte in Abwasser. Der Nachbarort beschäftigt bei gleichem Frischwasserbezug einen anderen Installateur und hat daher bessere Werte.
  • Der gesetzliche Klärschlammfonds existiert seit 1999 und hat bis heute 125 MIO € angespart. Bisher kein Haftungsfall. Einzahlung daher derzeit ausgesetzt.

Kompost im Vergleich zum Klärschlamm ?

Die Inhaltsstoffe des Klärschlamms sind sehr genau bekannt und in den Analysen dokumentiert. Man kann praktisch auch schwer etwas verstecken.
Beim Kompost aus Kompostierungsanlagen (Braune Tonne) sind die Inhaltsstoffe oftmals fragwürdig und Verunreinigungen punktuell möglich. Die Verwertung erfolgt auf Basis der BioabfallVO. Das Material ist hochrangig anerkannt und liegt in attraktiven Tüten im Baumarkt oder wird in großen Mengen auf die Äcker gefahren. Möglicherweise wird die Umwelt mit diesem Material eher geschädigt als es mit Klärschlamm der Fall wäre.

Fazit:
Kupfer im Klärschlamm ist ökotoxokologisch bei Verwendung auf erwiesenermaßen kupfermangelnden Böden kein Problem.
Der Grund, warum die Grenzwerte der Klärschlammverordnung nicht endlich über eine Novellierung nach wissenschaftlich objektiven Gesichtspunkten festgelegt werden, sollte im Zusammenhang mit den Interessen der Beteiligten der Erzeugerseite und der Entsorgungsbranche gesucht werden.


Abstimmungstext:

Es wird beschlossen, keine weiteren Frischwasseranalysen in privaten Haushalten zu beauftragen. Das gelieferte Frischwasser des Beschaffungsverbandes entspricht in allen Parametern der Trinkwasserverordnung. Die Eigentümer der Probenentnahmestellen erhalten das Ergebnis der Analysen zur weiteren Verwendung.
Im Zusammenhang mit Kupferinstallationen in privaten Haushalten können infolge der Trinkwasserbeschaffenheit Kupferbestandteile aus diesen privaten Installationen herausgelöst werden. Die Gemeinde verweist im Zusammenhang mit diesen privaten Kupferinstallationen auf die Empfehlung des Wasserbeschaffungsverbandes Mittelschwansen, das Stagnationswasser aus der Hausinstallation nicht für die Nahrungszubereitung oder als Trinkwasser zu nutzen.



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Jan Andresen
-Verwaltung-